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DOI: 10.1055/a-2710-7277
Alveolarkapilläre Dysplasie bei FOXF1 Mutation als Differentialdiagnose bei therapierefraktärer persistierender pulmonalen Hypertension (PPHN)
Alveolar capillary dysplasia with FOXF1 mutation as differential diagnosis in refractory persistent pulmonary hypertension (PPHN)Autor*innen
Fallpräsentation
Anamnese
Die Kasuistik beschreibt ein reifes, spontan geborenes Neugeborenes mit einem Geburtsgewicht von 3085 g. Nach unauffälliger respiratorischer Anpassung, fiel im routinemäßig am 2. Lebenstag durchgeführten Pulsoxymetrie-Screening eine unzureichende Sauerstoffsättigung von 75% auf. Die Schwangerschaft verlief komplikationslos mit regelmäßig durchgeführten Vorsorgeuntersuchungen.
Nach Verlegung in ein Perinatalzentrum Level 1 versuchte man zunächst eine Stabilisierung mittels CPAP-Atmungsunterstützung unter der Arbeitsdiagnose einer respiratorischen Insuffizienz zu erreichen. Bei klinischen sowie echokardiographischen Zeichen einer PPHN (persistierende pulmonale Hypertonie des Neugeborenen) war ab dem 3. Lebenstag eine kreislaufunterstützende Therapie notwendig. Am 6. Lebenstag wurde das Neugeborene bei rapider Verschlechterung der PPHN intubiert und zur iNO-Therapie sowie zur Evaluation einer ECMO-Therapie unter der Verdachtsdiagnose einer übergeordneten Lungengefäßerkrankung in unsere Klinik verlegt.
Aufnahmeuntersuchung
Bei Aufnahme war das Neugeborene intubiert, beatmet und zeigte unter milder Analgosedierung eine seitengleiche Spontanmotorik. Es ließ sich ein seitengleiches Atemgeräusch auskultieren, das Hautkolorit war blass und die peripheren Pulse kräftig tastbar. Die Herztöne waren rein und rhythmisch. Der Reflexstatus war orientierend unauffällig und es zeigten sich keine äußeren Fehlbildungen.
Laborbefunde
Laborchemisch und mikrobiologisch ergab sich kein Hinweis für eine Infektion. Die Blutkultur blieb steril. Auch virale Erreger sowie eine mögliche immunsupprimierende Erkrankung wie eine Infektion mit dem Humanen Immundefizienz Virus wurden untersucht und ausgeschlossen.
Unter intensiver invasiver Beatmung war in der Blutgasanalyse bei Aufnahme eine deutliche Oxygenierungsstörungen festzustellen und die pulsoxymetrischen Sauerstoffsättigungen waren sowohl präduktal als auch postduktal unzureichend. Eine Decarboxylierungsstörung zeigte sich zunächst nicht.
Bildgebende Diagnostik
Radiologisch ließ sich bei Aufnahme in unserer Klinik am 7. Lebenstag eine Minderbelüftung des rechten Oberlappens darstellen ([Abb. 1A]), die sich durch Lagerungsveränderungen im Verlauf zurückbildetete ([Abb. 1B]). Radiologisch zeigte sich kein Anhalt für ein Atemnotsyndrom des Neugeborenen.


Eine Lungenvenenfehlmündung wie auch andere extrakardiale Shuntverbindungen konnten im Rahmen einer CT-Untersuchung ([Abb. 2]) ausgeschlossen werden. Es zeigten sich jedoch multiple minderbelüftete Areale. Weder in der ZNS - noch Abdomen Sonografie zeigten sich Anzeichen für angeborene Fehlbildungen.


Echokardiografisch zeigte sich eine manifeste PPHN mit isoliertem Rechts-Links-Shunt über den Ductus arteriosus sowie eines dem Systemdruck entsprechenden pulmonalarteriellen Druckes, abgeschätzt über eine Trikuspidalinsuffizienz (Siehe [Abb. 3]).


Therapie und Verlauf
Zur Senkung der pulmonalen Hypertonie wurden verschiedenste medikamentöse Therapieoptionen (NO Inhalation, Iloprost Inhalation, Sildenafil i. v. sowie Bosentan p.o.) ergriffen. Um einer weiteren Rechtsherzdekompensation entgegen zu wirken, wurde der Ductus arteriosus medikamentös wiedereröffnet (mittels Alprostadil-Dauerinfusion) und die bereits begonnene antibiotische Therapie wurde im Verlauf empirisch erweitert. Zusätzlich wurde eine antimykotische Therapie mit Amphotericin B etabliert.
Wiederholt kam es zu ausgeprägten klinischen Verschlechterungen mit ausgeprägten Oxygenierungsstörungen, die jedoch durch Lagerungsmanöver und Sedierungsvertiefung intermittierend auch wieder gut stabilisiert werden konnten, sodass kurzfristig der Eindruck entstand, dass eine der Therapien greifen könnte (siehe [Abb. 4]).


Nachdem sich jedoch keine anhaltende Stabilisierung einstellte, führten wir am zehnten Lebenstag eine CT Diagnostik zum Ausschluss einer Lungenvenenfehlmündung oder anderer Shuntverbindungen durch.
Noch am selben Tag verschlechterte sich das Neugeborene rapide im Rahmen einer schweren PPHN Krise mit resultierendem Rechtsherzversagen und es kam zu mehreren Reanimationsereignissen. Mit den Eltern erfolgte, auf Grund des hochgradigen Verdachtes einer zu Grunde liegenden strukturellen pulmonalen Erkrankung ohne Therapieoption, eine Therapiezieländerung auf ein palliatives Vorgehen und somit gegen eine ECMO Therapie als Bridginverfahren. Eine Lungenbiospie zur weiteren Diagnostik war unter den bestehenden Umständen nicht durchzuführen und auch durch die Eltern nicht gewünscht. Die Patientin verstarb schließlich nach wenigen Stunden am elften Lebenstag im Beisein ihrer Eltern. Während eine Autopsie durch die Eltern nicht gewünscht war, initiierten wir mit ihrem Einverständnis eine genetische Untersuchung im Sinne einer Trio Exom Analyse, die 20 Tage post mortem die bereits vermutete Alveolarkapilläre Dysplasie (ACD) durch eine heterozygote de novo Deletion im FOXF1 Enhancer Bereich bestätigte. Eine genetische Beratung bezüglich weiterer Schwangerschaften der Eltern erfolgte.
Publikationsverlauf
Eingereicht: 07. Mai 2025
Angenommen nach Revision: 26. September 2025
Artikel online veröffentlicht:
24. November 2025
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